Fünf Frauen fielen dem Serienmörder von London vor fast 125 Jahren zum Opfer. Aber die Identität Jack the Rippers blieb im Dunkeln. Mit heutigen Mitteln wäre er ziemlich sicher gefasst worden. Denn die moderne Forensik findet und untersucht jede Spur – selbst wenn sie noch so klein oder unsichtbar ist. Und Nanotechnologie leistet dabei Erstaunliches.
Noch im späten 19. Jahrhundert konnten Mörder nur durch Zeugen oder ein Geständnis überführt werden. Die heutige moderne Forensik basiert auf naturwissenschaftlichen Methoden, um Beweismaterial zu entdecken, zu untersuchen und auszuwerten. Ziel ist es, Tathergang und Zeitpunkt exakt zu bestimmen. Indem sie die dazu verfügbaren Methoden verbessert, spielt Nanotechnologie auch in der Forensik eine immer größere Rolle.
Ein forensischer Quantensprung war 1984 die Entdeckung des genetischen Fingerabdrucks. Seitdem hat sich das Gebiet der Analyse von DNA-Spuren rasant entwickelt. Die Nanotechnologie hat dazu beigetragen, indem sie beispielsweise DNA-Mikrochips und Arrays verbessert hat. Das sind fingernagelgroße Plättchen, auf denen eine große Anzahl von Analysen gleichzeitig durchgeführt werden kann. Inzwischen können Spezialisten winzigste DNA-Spuren isolieren, die ihnen mittlerweile Augen-, Haut- und Haarfarbe sowie Geschlecht dessen verraten, der sie hinterlassen hat.
Wir sprachen mit Cornelius Courts, forensischer Genetiker am Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn.
Herr Courts, wie groß muss eine Hautschuppe oder eine andere Gewebeprobe heute noch mindestens sein, um deren DNA-Profil zu erstellen?
Courts: Das kann man so nicht beantworten. Die Zellen aus einem mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Hautabrieb, wie er z. B. durch das feste Angreifen einer Waffe durch einen Täter entstehen kann, können völlig ausreichend für ein schönes DNA-Profil sein; ein zwar gut sichtbares, ausgefallenes Haar, aber ohne Wurzel mit kaum DNA, kann hingegen sehr problematisch sein. Es geht also weniger um die Größe einer biologischen Spur, als um den DNA-Gehalt, der wiederum von der Anzahl der vorhandenen Zellen, deren Größe – je nach Art – im Mikrometerbereich liegt, abhängt.
Wie viele Zellen benötigt man heute für eine Analyse?
Courts: Ab einer Zellzahl von ca. 80 ist mit einem sicheren DNA-Profil zu rechnen. Es ist aber inzwischen unter bestimmten Umständen sogar möglich, die DNA aus einer einzelnen Zelle zu untersuchen. Die für ein Profiling benötigte DNA-Menge hat in den letzten Jahren drastisch abgenommen. Heute genügen für die zuverlässige und relativ problemlose Erzeugung eines DNA-Profils 0,5 Nanogramm DNA und weniger, das ist die Hälfte eines millionstel Milligramms! Früher, insbesondere bei der sogenannten RFLP-(Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus)-Analyse, mit der in den 80er-Jahren die ersten DNA-Profile erzeugt wurden, hätte man mit solch geringen Mengen keine Chance gehabt.
Wie wird die DNA am Tatort gewonnen?
Courts: Meist werden Gegenstände, Abriebe oder Teile von Gegenständen (z. B. Ausschnitte von Textilien) aber bisweilen auch Leichen, auf oder in denen sich vermutlich biologisches, also zellhaltiges Spurenmaterial, wie Blut, Speichel oder Sperma befindet, am Tatort gesichert und in ein forensisch-genetisches Labor bzw. ein rechtsmedizinisches Institut überführt. Dort findet dann die sogenannte DNA-Extraktion statt.
Noch im späten 19. Jahrhundert konnten Mörder nur durch Zeugen oder ein Geständnis überführt werden. Die heutige moderne Forensik basiert auf naturwissenschaftlichen Methoden, um Beweismaterial zu entdecken, zu untersuchen und auszuwerten. Ziel ist es, Tathergang und Zeitpunkt exakt zu bestimmen. Indem sie die dazu verfügbaren Methoden verbessert, spielt Nanotechnologie auch in der Forensik eine immer größere Rolle.
Ein forensischer Quantensprung war 1984 die Entdeckung des genetischen Fingerabdrucks. Seitdem hat sich das Gebiet der Analyse von DNA-Spuren rasant entwickelt. Die Nanotechnologie hat dazu beigetragen, indem sie beispielsweise DNA-Mikrochips und Arrays verbessert hat. Das sind fingernagelgroße Plättchen, auf denen eine große Anzahl von Analysen gleichzeitig durchgeführt werden kann. Inzwischen können Spezialisten winzigste DNA-Spuren isolieren, die ihnen mittlerweile Augen-, Haut- und Haarfarbe sowie Geschlecht dessen verraten, der sie hinterlassen hat.
Wir sprachen mit Cornelius Courts, forensischer Genetiker am Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn.
Herr Courts, wie groß muss eine Hautschuppe oder eine andere Gewebeprobe heute noch mindestens sein, um deren DNA-Profil zu erstellen?
Courts: Das kann man so nicht beantworten. Die Zellen aus einem mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Hautabrieb, wie er z. B. durch das feste Angreifen einer Waffe durch einen Täter entstehen kann, können völlig ausreichend für ein schönes DNA-Profil sein; ein zwar gut sichtbares, ausgefallenes Haar, aber ohne Wurzel mit kaum DNA, kann hingegen sehr problematisch sein. Es geht also weniger um die Größe einer biologischen Spur, als um den DNA-Gehalt, der wiederum von der Anzahl der vorhandenen Zellen, deren Größe – je nach Art – im Mikrometerbereich liegt, abhängt.
Wie viele Zellen benötigt man heute für eine Analyse?
Courts: Ab einer Zellzahl von ca. 80 ist mit einem sicheren DNA-Profil zu rechnen. Es ist aber inzwischen unter bestimmten Umständen sogar möglich, die DNA aus einer einzelnen Zelle zu untersuchen. Die für ein Profiling benötigte DNA-Menge hat in den letzten Jahren drastisch abgenommen. Heute genügen für die zuverlässige und relativ problemlose Erzeugung eines DNA-Profils 0,5 Nanogramm DNA und weniger, das ist die Hälfte eines millionstel Milligramms! Früher, insbesondere bei der sogenannten RFLP-(Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus)-Analyse, mit der in den 80er-Jahren die ersten DNA-Profile erzeugt wurden, hätte man mit solch geringen Mengen keine Chance gehabt.
Wie wird die DNA am Tatort gewonnen?
Courts: Meist werden Gegenstände, Abriebe oder Teile von Gegenständen (z. B. Ausschnitte von Textilien) aber bisweilen auch Leichen, auf oder in denen sich vermutlich biologisches, also zellhaltiges Spurenmaterial, wie Blut, Speichel oder Sperma befindet, am Tatort gesichert und in ein forensisch-genetisches Labor bzw. ein rechtsmedizinisches Institut überführt. Dort findet dann die sogenannte DNA-Extraktion statt.
Was geschieht bei der Extraktion?
Courts: Grundsätzlich muss die DNA dafür zunächst aus den Zellen freigesetzt werden, dazu müssen die Zellmembranen zerstört werden, z. B. durch Hitze oder bestimmte Chemikalien. Für die nachfolgende Isolation und Reinigung der DNA gibt es verschiedene Verfahren. Eine besonders gute und z. B. in unserem Labor eingesetzte Methode verwendet winzige, beschichtete magnetische Partikel („magnetic beads“), die nur wenige Mikrometer groß sind und sehr stark an freie DNA binden. Man gibt sie in das Gefäß mit der freigesetzten DNA hinein, wo sie sofort an die freien DNA-Moleküle binden. Dann kann man sie durch Verwendung eines Magneten zusammen mit der fest an sie gebundenen DNA aus dem Gemisch von Verunreinigungen, Chemikalien und Zelltrümmern, das bei der DNA-Extraktion entsteht, herausholen und „waschen“. Zum Schluss trennt man die Partikel wieder von der DNA ab und entfernt sie. Übrig bleibt nur die isolierte und nun sehr saubere DNA.
Auch die Fingerabdruckanalyse ist wichtig, um Täter zu entlarven. Welche Rolle spielt dabei die Verwendung von Nanopartikeln?
Courts: Es gibt bereits verschiedene Arbeiten, die die Verwendung von Nanopartikeln bei der Daktyloskopie, wie man die Untersuchung von Fingerspuren nennt, beschreiben. Ein Beispiel wären funktionalisierte Nanopartikel aus Gold. Die werden mit einer Hülle aus Antikörpern und speziellen Proteinen überzogen, die unter bestimmten Umständen Fluoreszenzlicht abgeben können. Kommen die Antikörper auf den Partikeln mit den nachzuweisenden Biomolekülen in Kontakt, ändert sich daraufhin die chemische Struktur des Proteins. Wenn man dann mit einer speziellen Lichtquelle beleuchtet, fluoresziert das Protein und verrät so, dass etwas gefunden wurde. Dieses Verfahren ist extrem empfindlich und kann minimale Spuren nachweisen, z. B. bestimmte Moleküle im Schweiß, der auch in Fingerspuren hinterlassen wird.
Wird das Verfahren bereits angewendet?
Courts: Angewendet wurde das Verfahren von D. Russell und Kollegen bereits, um Raucher zu überführen, in deren Schweiß sich die Substanz Cotinin befindet und zwar selbst noch, nachdem sie sich die Hände gewaschen hatten. Aber auch der Nachweis von Stoffwechselprodukten, die nach der Einnahme illegaler Drogen entstehen, ist mit dieser Technik denkbar und für die Forensik sehr interessant.
Nanopartikel spielen auch als sogenannte "Nanotags" eine Rolle. Was kann man sich darunter vorstellen?
Courts: Hier geht es nicht mehr nur um das Sichtbarmachen von Spuren, sondern um die Nachverfolgbarkeit von nanomarkierten oder „getaggten“ Partikeln. Als „Nanotags“ wurden verschiedene Arten von Partikeln beschrieben, die geeignet sind, als Oberflächenüberzüge auf Gegenständen aufgebracht zu werden und diese so zu markieren. Man benutzte dafür z. B. Pollen der Osterlilie (Lilium longiflorum), die mit Titania (Ti(OC3H7)4) umhüllt wurden. Die Pollengröße selber (Mikrometerbereich) liegt nicht im Nanomaßstab, der Überzug und seine Struktur aus Titania hingegen schon.
Wie profitiert die Forensik von Nanotags?
Courts: Solche mit Nanoüberzug markierte Pollen, die auf einer Waffe aufgebracht wurden, ermöglichten im Labor zu überprüfen, wer alles Kontakt mit dieser Waffe hatte, da sich die getaggten Partikel auf jeden Menschen übertragen, der die Waffe berührt. Die Oberflächenstruktur ist dabei so spezifisch, dass sich die Partikel nicht nur von normalen Pollen, sondern auch von mit anderen Materialien beschichteten Partikeln unterscheiden lassen. Außerdem sind sie durch eine einfache Handwäsche auch nicht zu entfernen, die Markierung ist dauerhaft.
Wie könnte die praktische Anwendung aussehen?
Courts: Dieses Verfahren ließe sich unter Verwendung unterschiedlicher Pollen- und Überzugsarten und Kombinationen davon einfach in den Herstellungsprozess von Waffen integrieren. Das Verfahren ist noch sehr experimentell und wurde erstmalig im Mai 2012 von Paul Sermon in der Zeitschrift „Forensic Science International“ beschrieben. Im Prinzip wird dabei der Täter durch die Waffe markiert, doch auch der umgekehrte Weg ist möglich.
Das heißt, dass vermehrt Spuren des Täters an der Waffe zurückbleiben?
Courts: Das ist richtig. Für diese, sozusagen komplementäre Anwendung für forensische Zwecke wurde eine andere Art der Nanobeschichtung für Waffen getestet. Diese Beschichtung verstärkte im Labor deutlich das Abscheiden von DNA-haltigen Hautzellen, wie es beim Anfassen von Gegenständen ohnehin passiert, an der beschichteten Waffe.
Was bedeutet das für die Praxis?
Courts: In der Praxis würde das den Nachweis der DNA eines Täters auf einer Waffe für die forensischen Genetiker erheblich erleichtern. Durch eine Beschichtung mit beiden Sorten von Nanopartikeln würde also nicht nur der Täter durch die Waffe, sondern auch die Waffe durch den Täter markiert.
Das heißt, man müsste die Waffen schon bei der Produktion behandeln?
Courts: Ja, falls sich diese Verfahren in weiteren Tests und Validierungen bewähren und man solche Beschichtungen in den normalen Produktionsprozess von Schusswaffen aufnehmen würde, würde die Ermittlung und Rekonstruktion bei Schusswaffendelikten durch Verfolgung und Nachweis waffenspezifischen Nanotags z. B. an Verdächtigen sowie verbesserte DNA-Analytik sehr stark erleichtert.
Woran wird in der genetischen Forensik geforscht?
Courts: In der forensischen Genetik wird viel und aktiv auf ganz verschiedenen Gebieten geforscht. Zu unserer Arbeit gehört neben dem DNA-Profiling nicht nur die Verbesserung und Neuentwicklung von Verfahren zur Erkennung und Analyse biologischer Spuren verschiedenster Art, sondern auch die Untersuchung der genetischen Grundlagen forensisch relevanter Erkrankungen wie dem Plötzlichen Kindstod aber auch die Erforschung von Biomarkern, die eine bessere Einordnung von Todeszeitpunkt und sogar Todesursache ermöglichen sollen.
Sie führen in diesem Zusammenhang ein eigenes Forschungsprojekt durch?
Courts: Ja, mein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt befasst sich mit der forensischen Micro-RNA-Analytik: wir erforschen die Nutzbarkeit von Micro-RNAs, das sind sehr kurze, keine Proteininformation tragende RNA-Moleküle, für die forensische Fallarbeit, um damit unter anderem eine genauere und sensitivere Spurenartidentifikation und die Differenzierung von komplexen Spurengemischen, wie sie z. B. bei Sexualdelikten häufig entstehen, zu ermöglichen.
Was ist der nächste große Schritt in der genetischen Forensik?
Courts: Mit großer Spannung erwarte ich die Möglichkeiten, die sich durch die Technik des Next Generation Sequencing (NGS) für die forensische Genetik ergeben werden. Diese Technik erlaubt das Auslesen der vollständigen DNA-Information in kürzester Zeit mit hoher Genauigkeit. Ich rechne damit, dass wir durch diese neue Technik Fragen beantworten können, die wir uns zuvor nicht einmal gestellt haben. Noch ist NGS sehr teuer und aufwendig, doch es könnte gut sein, dass NGS in absehbarer Zeit alle gängigen DNA-Analyse-Verfahren obsolet machen wird. Nicht zuletzt basieren auch einige besonders empfindliche Varianten dieser Methode maßgeblich auf Nanotechnologie, die eine Miniaturisierung und enorme Erhöhung des Probendurchsatzes ermöglicht.
Vielen Dank Dr. Courts.
Der Diplom-Biologe Dr. Cornelius Courts arbeitet als Forensischer Genetiker am Institut für Rechtsmedizin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er hat in Köln studiert und promoviert. Er befasst sich mit dem Plötzlichen Kindstod, DNA-Spuren im Waffenlauf und forensischer Micro-RNA-Analytik. Außerdem hat er einen eigenen Wissenschaftsblog. Wer noch tiefer in die Materie eindringen will, bekommthier weiterführende Informationen zu den im Interview besprochenen Themen.
Fonte: NanoStart